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RHAMNOUS - Antiker Demos und Heiligtum

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2023-01-16 2023-01-16 16.01.2023
Rhamnous antike Stadt 0002
Rhamnous

Dieser Bezirk ist der am wenigsten geplünderte in Gesamtattika. Allein deswegen lohnt sich ein Besuch, aber auch wegen seiner Lage und der touristischen Unberührtheit.
Der Name leitet sich von ράμνος = Dorn, Weißdorn ab, einem hier häufig vorkommenden Strauch ab.
Das heutige Ramnountas ist ein archäologischer Platz im Dimos Marathonas der Präfektur Ost-Attika, knapp 40 km nordöstlich von Athen und 12 km nördlich von Marathon.
Der antike Ort gehörte zur Phyle Aiantis und war damit eine der 10 von Kleisthenes eingerichteten Phylen (eine Art Verwaltungseinheit) des klassischen Athens.
Er liegt auf einem Hügel etwa 30 m über dem Meeresspiegel, die Befestigungen erstrecken sich über ein Areal von 230 mal 270 m.

Rhamnous antike Stadt 0006
Rhamnous

Der Ort wurde ab dem 5. Jh. v. Chr. als Außenposten Athens befestigt und im 4. Jh. v. Chr. zur Küstenfestung mit zwei Häfen und einer Akropolis ausgebaut. Von hier war die Überwachung und der Schutz des Schiffsverkehrs durch den Euripos möglich. Wichtig wurde die Festung für Athen im Peloponnesischen Krieg, als im Jahr 412 v. Chr. Dekeleia an die Spartaner verloren ging. Rhamnous wurde nun der Einfuhrhafen für Lebensmittel aus Euböa. Der Weg dorthin war der Einzige, der ausschließlich über von Athen gehaltenes Gebiet ging, in der Festung war eine Besatzung junger Epheben stationiert. Heute ist noch der untere Teil des Südtores sichtbar, für Fachleute auch die minimalen Reste der 9 Türme der Seemauer. Innerhalb dieser Mauer liegen Reste eines kleinen Tempels, eines Gymnasions und einer kleinen Zitadelle. Ein abgetrennter Hügel ist durch eine gut erhaltene, aber überwucherte Ringmauer gesichert.
Zwischenzeitlich war der Ort, aus dem der Redner Antiphon von Rhamnous (geb. um 480 v. Chr.) stammte – dessen Rednerschule wird durch Thukydides erwähnt -, auch als Oviokastron bekannt, eine Verbalhornung des Namens Evraion Kastron = Judenburg.
Bis ins 2. Jh. v. Chr. wurde Rhamnous von den Athenern als Sommerfrische genutzt.

Nemesis Heiligtum Attika 0015
Nemesis Heiligtum

Das Heiligtum der Nemesis (Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit und des gerechten Zorns; als diese achtete sie genau auf die menschliche Hybris, das Verbrechen, sich selbst als Herren seines Schicksals zu sehen), die hier mit Themis (Göttin der Gerechtigkeit, Sitte, Ordnung und Philosophie) verehrt wurde, geht bis ins 6. vorchristliche Jahrhundert zurück.
Der erste, Ende 6./Anfang 5. Jahrhundert errichtete kleine Tempel war ein 6,15 m x 9,9 m großer Antentempel. Sein dunkles, polygonales Mauerwerk aus ursprünglich weißem Marmor ist heute unmittelbar neben der Ruine des späteren Tempels in einer Höhe von 2 m zu sehen. Weiheschriften auf zwei Sesseln lassen die Zuordnung zu Nemesis und Themis erkennen. Eine Themisstatue und verschiedene Weihegaben waren in der Cella ausgegraben worden. Dieser Tempel wurde höchstwahrscheinlich 480 v. Chr. von den Persern zerstört.  

Nemesis Heiligtum Attika 0020
Nemesis Heiligtum

Im späten 5. Jh. v. Chr. wurde auf der gleichen künstlichen Plattform aus 9 Schichten der 10,05 x 21,4 m messende Nachfolgetempel als dorischer Peripteros errichtet, zur gleichen Zeit wie der Parthenon zur Regierungszeit des Perikles, wahrscheinlich vom „Thission-Architekten“ Kallikrates, der neben dem erwähnten Hephaistos-Tempel in Athen den Poseidon-Tempel in Sounion und den des Ares in Acharnes erbaute. Die Bautätigkeit wurde 531 v. Chr. zu Beginn des Peloponnesischen Krieges abgebrochen, so dass Metopen und Giebelfiguren fehlen sowie die Kanelluren der Säulen. Allerdings ist das Dach mit Akroterien besetzt. Von einer Inschrift an der Ostfront wissen wir, dass der Tempel im Jahr 45 n. Chr. wahrscheinlich von Claudius erneut geweiht wurde, und zwar der Livia.
Von der Kolossaltatue der Nemesis, die Agorakritos, ein Schüler des Pheidias, 421 v. Chr. aus parischem Marmor schuf, wurde der Kopf gefunden (heute im Britischen Museum), neben Reliefs der Basis, die von Christen der Spätantike zerschlagen worden waren. Pausanias schreibt, das Werk sei aus einem Marmorblock erschaffen, den die Perser hierher zur Errichtung einer Siegesstele schafften. Er schreibt allerdings die Statue dem Pheidias zu. Die Identifizierung und Datierung der Fragmente erlauben die Identifizierung von 11 römischen Kopien, die uns Aufschluss über das Aussehen des Originals geben. Die im Kontrapost stehende Göttin hielt in der ausgestreckten rechten Hand eine Opferschale, in der Linken einen Apfelzweig.  

Rhamnous antike Stadt 0017
Rhamnous

In einem bekannten Reiseführer ist zu lesen, ein Besuch lohne sich mehr wegen der romantischen Einsamkeit und der Schönheit der Stätte als wegen historischer und archäologischer Sehenswürdigkeiten!
Ich bin der Meinung, es herrscht dort eine vollkommene Ausgewogenheit zwischen beiden.
Vergleichbar mit dem Amphiareion bei Oropos …